Ein Bienenvolk am Rolfschen Hof
Bienen:
Nur Honig oder noch viel mehr? Zählt immer nur die Leistung? Was steckt dahinter? Können wir etwas lernen und wenn ja was?
Zwischen Biene Maja und Hochleistungshonigerzeugern -wir machen uns auf den Weg zu tiefen Einsichten und Erkenntnissen.
Begleiten Sie uns -vom ersten Schritt bis zum ersten Glas Honig im nächsten Jahr.
WaldGartenBienen
Imker Thomas Fritzensmeier
Das Aufstellen eines Bienenstockes im Waldgarten des Rolfscher Hof `s ist für mich in dreierlei Hinsicht etwas Besonderes:
Zum einen ist es für mich eine Zeitreise. Lange vor den jetzt in der Landwirtschaft gehaltenen Bienenvölkern, mit denen in die Massentrachten wie Rapsfelder, Obstplantagen und Lindenalleen gewandert wird, stellt es wieder eine Rückbesinnung auf die traditionelle Imkerei dar. Die sog. Zeidlerei hat sich in Europa seit dem Frühmittelalter ausgebildet und beinhaltete die Bienenhaltung in Baumhöhlen im Wald, dem natürlichen Lebensraum der Honigbienen. Durch die sich seit dem Frühmittelalter ausbreitende industrielle Landwirtschaft, des Städte- und Straßenbaus ist die Waldimkerei -mit Ausnahme vom Schwarzwald- kontinuierlich zurückgegangen. Im Waldgarten des Rolfschen Hofes und deren Umgebung, dem Landschaftsschutzgebiet ´Hohe Warte´ im Teutoburger Wald, kommen sie dem Ursprung wieder ein kleines Stückchen näher.
Zum Zweiten fasziniert mich das Bienenwesen an sich. Auch wenn es zunächst den Anschein hat, dass in dem Volk, in dem durchaus bis zu vierzigtausend Bienen leben können, nur unkontrolliertes „Gewusel“ herrscht, erkenne ich bei näherer Betrachtung eine Ordnung innerhalb des Stockes, eine disziplinierte Aufgabenteilung innerhalb der Bienen, geometrisch geformte Wabenmuster, Sauberkeit, sortierte Wabeneinteilungen nach Brut, Pollen und Nektar zwecks kurzer, effektiver Nahrungs-Versorgungswege. Als einzige staatenbildende und -überwinternde Biene sorgen sich alle kleinen und einzelnen Bienen um das Gesamtwohl des Volkes durch die Jahreszeiten hindurch, obwohl jede einzelne Biene nicht länger als 2 Monate (Sommerbienen) und bis zu 5 Monate (Winterbienen) lebt. Das Leben in diesem Superorganismus zieht mich in seinen Bann. Je mehr ich hinschaue, umso mehr lehrt mich die Biene von ihrer Welt; je mehr ich mich dem Gesumme widme, umso ruhiger werde ich. Und vielleicht ist es mir möglich, etwas von meiner inneren Begeisterung den verschiedenen Besuchergruppen des Rolfschen Hofes, mindestens aber der einen interessierten Jungimkerin, weiterzugeben.
Als drittes ist es für mich ein Weckruf an die Gesellschaft. In der modernen Landwirtschaft wird die Biene nicht mehr als zartes, achtens- und schützenswertes Tier wahrgenommen, sondern als reine monetäre Wirtschaftseinheit, reduziert auf maximale Bestäubungsleistung, höchsten Honig- und Wachsertrag. Neben Rind und Schwein nimmt die Biene den dritten Platz in der Nutztierhaltung ein. Während der Bestäubung werden die Felder und Plantagen mit hochtoxischen Neonicotinoiden gespritzt, welches nicht nur die Schädlinge tötet, sondern auch die Bienen schädigt – deren Orientierungs- und Geruchssinn, die Sammelaktivität und das Immunsystem. Dieser Ausbeutung kann im kleinen durch eine sorgsame Imkerei und Auswahl des Standortes entgegengewirkt werden, bei der die Biene für ihre wahre Leistung geachtet wird: im Laufe ihres Lebens kommt sie auf rd. 800 Flugkilometer, welches einer Entfernung von Flensburg nach Garmisch-Partenkirchen entspricht und sammelt hierbei einen ganzen Teelöffel Honig – genug für ein Frühstücksbrot. Und das bei einem Gewicht von nur 80 Milligramm, welches einem 10x10cm kleinen Merkzettelchen entspricht. Respekt!
Texte zu den Bienen
Dieses Jahr gibt es Honig...
Die Bienen sind fleißig. Sie haben sich in der neu konzipierten Behausung ein vitales Brutnest gebaut.
Dieses Jahr werde ich lernen, wie man Honig schleudert -letztes Jahr haben die Bienen den eingelagerten Honig für das eigene (Über-)leben genutzt. Mir hat es gut gefallen, keinen Honig zu entnehmen. Ich werde für mich herausfinden, wieviel Honig ein gesundes Volk wirklich "übrig" hat: 1 Glas oder 2?
Meine Vorstellung ist, dass der Mensch nicht mehr entnimmt, als diesen Überfluss.
Nicht an Honig, nicht an Zeit, nicht an Geld, nicht an Ressourcen, nicht an Kraft, nicht an Liebe.
Stabile sich selbst tragende Systeme sind im Fluß, erzeugen ganz natürlich Überfluss. Diesen Überfluss zu teilen ist für mich Mensch-Sein.
Dass auch den Bienen genug bleibt, habe ich letzte Woche auch verstanden:
Der Waldgartenbienen-Imker entnimmt nur von der Frühjahrstracht etwa die Hälfte und überlässt den Bienen die andere. Von der Sommertracht behalten die Bienen 100%.
Juli 2024: also der Honig ist soooo lecker. Ich habe ihn probiert, als er noch flüssig war -ich gebe zu, ich habe eine Vorliebe für den noch fließenden, goldgelben Honig. Ich weiß, der Rest hilft dem Waldgartenvolk durch rauhe Herbststürme und über den kalten Winter. Das tut gut. Ein gelingendes System trägt alle, gibt das, was gebraucht wird zur richten Zeit am richtigen Ort. So ist für alle gesorgt. Die "Krone" der Schöpfung bekleckert sich nicht gerade -weder mit Ruhm noch mit Honig- was diese Haltung betrifft. Und doch wandelt sich gerade Vieles. Auch das tut gut.
28 Gläser sind es geworden, alle abgefüllt und etikettiert. Perfekt. Und sehr interssant, denn ich hatte keine Ahnung: 28 Gläser statt 1-2 (sehr lustig) -wie heißt es so schön: Knapp daneben ist auch vorbei....
Ich versuche es den Bienen gleich zu tun und die Ernte einzufahren. Wenn ich meine Ernte in Gläser füllen könnte, wieviel Ertrag käme wohl zusammen? Mathematik ist nie meines gewesen, deshalb also aus dem Bauch heraus: Wo ist die Scheune, die all den Ertrag aufnehmen kann? Willkommen im Land der Fülle. Innere Fülle, innerer Reichtum -kostet nichts. Wird einem geschenkt, nicht einfach so, dennoch als Ergebnis des unablässigen Strebens, nach abertausend mal hinfallen und wieder aufstehen, nach dem Krone richten. Resonanz.
Ist uns bewusst, dass..
Mit jedem Löffel Honig, den wir zu uns nehmen, verinnerlichen wir die ganze Fülle eines (Bienen-)Lebenskreislaufes.
Dabei ist es unwichtig, ob es Winter- oder Sommerbienen sind.
Alles ist miteinander verwoben und dient einander, auch vorausschauend.
Keine Individuen, sondern nur eine funktionierende Gemeinschaft, ein starkes Miteinander, schafft ein Stück Unendlichkeit! (T. Fritzensmeier)